Artikel

Die ethischen offenbarungen von Fidel Castro

Datum: 

27/11/2008

Quelle: 

Cubadebate

Autor: 

„Der Frieden in Kolumbien” von Fidel Castro Ruz. Titel und Autor würden genügen, um dieses Buch in diesen Tagen in das auf der Welt meist gefragte und gelesene Buch zu verwandeln. Allein schon die exzellente Aufmachung dieses Werkes des Verlages Editora Política  lässt vermuten, dass seine Seiten die persönlichen Ansichten über ein kompliziertes und dunkles Kapitel unserer Zeit und unserer Region des großen Staatsmannes enthalten, der es firmiert.
 
Was uns die Titelseite nicht enthüllen kann, ist das, was dieses Buch in Wirklichkeit darstellt: Nicht mehr und nicht weniger als ein wesentliches Stück eines halben Jahrhunderts zeitgenössischer Geschichte, das von einer ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten mit den Reizen eines Romans und ohne eine einzige Auslassung irgendeines Details der realen Ereignisse des Lebens erzählt wird.
 
Mit der Strenge detaillierter Notizen in Berichten und Dokumenten,  bis zum heutigen Datum unveröffentlicht, wird über all das berichtet, was wir einmal über die Einzelheiten der Verhandlungen zwischen den verschiedenen Regierungen Kolumbiens und der Führung der Kubanischen Revolution – mit oder ohne diplomatische Beziehungen – erfahren wollten,  Verhandlungen zur Weiterführung von festgefahrenen Friedensdialogen, zur Befreiung von Geiseln bis hin zur Vermeidung von Gemetzeln,  zu denen es zum Beispiel durch den Plan der Regierung von  Julio César Turbay Ayala hätte kommen können, der die dominikanische Botschaft stürmen wollte, die Anfang 1980  von einem Kommando der M 19 besetzt worden war.
 
Die 16 Kapitel des Buches – einschließlich Vor- und Nachwort – enthalten weit reichende Offenbarungen und dokumentieren zum ersten Mal Ereignisse, die in Presseausschnitten zerstreut oder in wenig verbreiteten Büchern für Viele unbekannt blieben.
 
Einige Kapitel, zum Beispiel, in dem zwei Kader der Abteilung für Nordamerika des Zentralkomitees der Partei dem Führer der Revolution von der unglaublichen Geschichte der Entführung und Befreiung von Juan Carlos Gaviria, dem Bruder des Ex-Präsidenten und damaligen (1996) Generalsekretärs der Organisation von Amerikanischen Staaten  César Gaviria erzählten, haben die ganze Anziehungskraft einer absoluten Neuigkeit und so viel vom magischen Realismus, dass selbst Fidel sie als „unwirklich scheinende Ereignisse“ bezeichnet.
 
Seit den Verschwörungen der Yankees gegen Kuba in der Organisation der Amerikanischen Staaten und den beiden Deklarationen von Havanna, hat da je einer  vorher festgestellt, was für große politische und literarische Stücke das sind?  Bis hin zu den Friedensgesprächen von San Vicente del Caguán führt uns das Buch zu scheinbar bekannten Orten und Umständen zurück, aber diese erhalten eine neue Bedeutung im Lichte eines politischen Analysten von der Größe des Autors und beflissener Forscher und erstklassiger Zeugen, die von ihm zitiert werden, wie der Chronist von El Bogotazo ,  Arturo Alape,  der kommunistische Führer Jacobo Arenas, der legendärer Guerrilla-Chef Manuel Marulanda oder der Ex-Präsident Andrés Pastrana.
 
Im direkten und abgerundeten Stil der „Reflexionen“ geschrieben hat  “Der Frieden in Kolumbien” durch seinen Umfang  und seine Struktur, aber vor allem, durch die Art und Weise, wie sich dieses unschätzbare persönliche Zeugnis mit anderen, mehr oder minder öffentlich gemachten Aussagen anderer Mitgestalter der Geschichte verknüpft, eine große Tragweite.
 
Nur ein politischer und militärischer Stratege wie Fidel Castro, der außerdem von Anfang an und gefühlsmäßig mit den von ihm erzählten Ereignissen unmittelbar verbunden war,  konnte ein dermaßen kohärentes Ganzes aus den ausgewählten Fragmenten derartiger Verschiedenheit von Autoren und Quellen  zusammenstellen, die die einzelnen Kapitel  ergeben, wobei keine der Seiten unterschätzt oder ihr nicht Anerkennung gezollt wird, ohne dabei  seine eigenen festen Überzeugungen aufzugeben.
 
Die älteste Guerillabewegung und der längste und gewaltsamste Konflikt Lateinamerikas verlieren so den Makel verfluchter Umstände, wenn sie uns mit ihrer Vorgeschichte, ihren Verläufen, ihren Ursachen und Konsequenzen aus der Perspektive des erfahrensten Kämpfers und unbestreitbaren kontinentalen Leaders der Revolution aufgezeigt  werden.  
 
Über 400 Stunden intensiver Arbeit – gesteht der Autor im Epilog ein – bieten 265 Seiten voller Enthüllungen über die Beziehungen der Kubanischen Revolution zu den wichtigsten revolutionären Bewegungen Lateinamerikas.
 
Wollte man einen der Ausschnitte als Synthese und Zusammenfassung auswählen,  wäre das „Die Bedeutung der  Prinzipien”. Man könnte sagen, dass darin die  eigentliche Essenz liegt und es wahrscheinlich der Moment ist, in dem wir zu der Gewissheit  kommen, dass dieses Werk mehr als ein Buch, eine großartige, unübertreffliche Lektion über Geschichte und Ethik ist.